Die ersten Monate mit Ihrem Baby sind vergangen. So langsam werden Sie sich durch Vorbilder in Ihrer Familie, bei Freunde oder durch Presseartikel mit der Frage nach der Beikosteinführung beschäftigen. Doch wann mit Beikost starten oder wie finde ich den richtigen Zeitpunkt? Und was ist jetzt richtig: Brei, Babygläschen oder Baby-led weaning? Mit oder ohne Beikostplan?
In dem Beitrag möchte Ihnen die gesundheitlichen Hintergründe zeigen und Ihnen Tipps für die Beikosteinführung bei Ihrem Kind geben.
Ab wann kann ich mit Beikost beginnen?
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt Babys sechs Monate ausschließlich zu stillen. Ab dem 7. Lebensmonat können Eltern, unter Berücksichtigung der kindlichen Reifezeichen, langsam mit adäquater Beikost beginnen. Um die positiven Effekte des Stillens weiterzunutzen, sollte die Stillbeziehung neben der Beikost weitergeführt werden. Sie können zum zweiten Lebensjahr oder sogar darüber hinaus stillen – einfach so lange wie Mutter und Kind das möchten.
Die WHO weist darauf hin, dass optimales Füttern nicht nur davon abhängt, was gefüttert wird, sondern auch wie, wann, wo und von wem das Kind gefüttert wird. Sie rät auch zu verantwortungsvollen Füttern. Durch unterschiedliche Empfehlungen und Aussagen der verschiedenen Fachgesellschaften kommt es zu großer Verunsicherung bei vielen Eltern.
Kernaussagen der diversen Fachgesellschaften sind, dass der Beikoststart frühestens zu Beginn des fünften Monats und spätestens zu Beginn des siebten Monats liegen sollte.
Neben der Beikosteinführung sollten Sie Ihr Kind aber erstmal weiter stillen. Die Empfehlungen gelten für gestillte Babys, sowie für jene, die mit Säuglingsanfangsnahrung gefüttert werden, gleichermaßen. Wichtig ist, dass Sie die individuelle Entwicklung und die Essfertigkeiten Ihres Kindes berücksichtigen!
Wann ist mein Baby reif für Beikost?
Ihr Baby hat die Beikostreife, wenn…
- der Zungenstoßreflex erloschen ist und Ihr Baby Lippen- und Zungenbewegungen getrennt voneinander machen kann.
- es (mit ein bisschen Hilfe) über mehrere Minuten aufrecht sitzen und den Kopf- und Schultergürtel selbstständig halten kann.
- es erste koordinierte Hand-zu-Mundbewegungen sowie Hand-Fingerbewegungen bei Ihrem Kind beobachten können.
- es selbst den Mund öffnet, wenn Essen angeboten wird oder
- wenn Ihr Kind Ihnen oder anderen am Esstisch mit offenem Mund interessiert dabei zusieht, wie Sie essen.
Diese Voraussetzungen entwickeln sich in der Regel von alleine und bei den meisten Babys im Alter von ungefähr sechs Monaten. Sollte sich Ihr Kind langsamer entwickeln: keine Panik. Jedes Kind hat sein eigenes Tempo. Besprechen Sie aber die Situation mit dem Kinderarzt (z.B. bei der Vorsorgeuntersuchung U5, die zwischen dem 5. und 7. Lebensmonat ansteht), Ihrer Hebamme oder einer erfahrenen IBCLC-Stillberaterin.
Bedeutung der Beikost im Alltag
Beikost heißt Beikost, weil nichts reduziert wird, sondern das Baby erst einmal etwas dazu bekommt, also etwas zum Stillen (oder der Flaschenernährung) beigegeben wird. Wichtig ist, dass die Beikosteinführung weder für Sie, noch für Ihr Kind zum Wettbewerb wird oder in Stress ausartet. Gehen Sie locker an die Sache heran und machen Sie sich nicht zu viele Gedanken! 😉
Wie kann das Füttern oder Essen aussehen?
Für Sie und Ihr Kind ist es am angenehmsten, wenn Essen zwanglos, freiwillig und selbstbestimmt ist. Zur Vermeidung von Problemen oder Unfällen sollten Sie aber darauf achten, dass Ihr Kind nicht zu lange alleine und unbeaufsichtigt sitzt (und isst)! Bitte bieten Sie Ihrem Kind Essen nie in einer Babyschale oder Wippe an – das ist gefährlich!
Ihr Kind sollte also aufrecht sitzen, damit es sich nicht so leicht verschluckt. Idealerweise hat der Stuhl eine Auflagefläche für die kleinen Füße, da sich das Abstützen günstig auf die Hand-Mund-Koordination auswirkt.
Die Stimmung sollte entspannt sein. Elterlichen Streitgespräche gehören nicht an den Esstisch! Und: mit der Familie und in Gesellschaft ist Essen auch für Ihr Baby am schönsten.
Zu Beginn der Beikosteinführung sollten grundsätzlich nur kleine Mengen angeboten werden. Ihr Baby möchte sein Essen im wahrsten Sinne des Wortes erst einmal “begreifen“. Lassen Sie Ihr Kind aktiv sein Essen wählen und nehmen und damit experimentieren (bzw. damit “spielen”). Es handelt sich schließlich um einen großen Entwicklungsschritt mit vielen neuen Eindrücken, haptischen und sensorischen Erfahrungen.
Tipp: Stillen Sie vor (oder nach) dem Essen, so wie das Baby es möchte. Muttermilch hilft, das neue Nahrungsangebot besser zu verarbeiten.
Beikostplan oder welche Lebensmittel eignen sich für Beikost?
Grundregel: Sie müssen in der Regel keinen strikten “Beikostplan” einhalten.
✓ Im Prinzip können die Kinder vieles vom Familientisch mitessen. Ideal sind milde Gemüsesorten, Obst, Getreideprodukte und alles was die Natur in ihrer Urform zu bieten hat. Durchgegartes, ungewürztes und zartes Fleisch und Fisch sind auch kein Problem.
Die verschiedenen Lebensmittel sollten langsam und “übersichtlich” eingeführt werden, damit Sie im Falle einer Unverträglichkeitsreaktion diese einfach feststellen können. Solche Nahrungsmittelunverträglichkeiten können Sie dann im Untersuchungsheft notieren und bei der nächsten Vorsorgeuntersuchung mit dem Kinderarzt besprechen.
Ihr Baby wird sich beim Essen an Ihnen orientieren. Was Mama und Papa essen, scheint sicher zu sein. Denken Sie daran: Sie sind ein wichtiges Vorbild für Ihr Baby. Was Sie essen, wird in Zukunft auch bald Ihr Baby wollen. Also seien Sie ein gutes Vorbild und ernähren Sie sich selber auch gesund und ausgewogen. Studien zeigen: Wenn Mama viel unterschiedliches Gemüse isst, tut das Kind das später auch. [3]
Jetzt sind gestillte Babys im Vorteil: über die Muttermilch haben Sie bereits eine Vielzahl an Aromen kennengelernt. Künstliche Säuglingsnahrung schmeckt immer gleich. Mit gestillten Babys ist der Übergang häufig einfacher. Bei “Flaschenkindern” hat es sich bewährt mit wenig intensiv schmeckenden Lebensmitteln zu beginnen und die Intensität langsam zu steigern.
Wichtig: das Kind ist nie unbeaufsichtigt und es bekommt nichts, was im Mund nicht aufweicht und verschluckt werden kann (z.B. Nüsse, ganze Trauben, rohe Apfel- oder Karottenstücke)!
Welche Lebensmittel sind nicht für Beikost geeignet?
⚠ Es gibt nur wenige Lebensmittel, die ungeeignet für die Beikost von Kindern unter einem Jahr sind. Zu diesen gehören:
- Salz
- Zucker, Süßstoffe
- Honig – auch nicht verarbeitet (kann Toxin enthalten und Säuglingsbotulismus, Lähmungen auslösen)
- scharfe Kräuter
- Farb- und Konservierungsstoffe
- rohes Fleisch/ Fisch/ Eier
- fettreduzierte Lebensmittel, sog. “Lightprodukte”
- Lebensmittel die nicht im Mund aufweichen
Tipp: Je weniger verarbeitet ein Lebensmittel ist, umso besser eignet es sich für die Ernährung im ersten Lebensjahr. Bitte meiden Sie Fertigprodukte und frittierte Lebensmittel. Zur Problematik einer vegetarischen und veganen Ernährung habe ich eine häufige Frage (FAQ) beantwortet.
Was ist mit Milch und Milchprodukten?
Mit der Frage nach Sinn und Unsinn von Milchprodukten bei der Beikost beschäftigen sich viele Publikationen. Das deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) hat 2019 im Rahmen einer Pressekonferenz zur Hypothese Stellung genommen, dass sich aus epidemiologischen Beobachtungen ein Zusammenhang zwischen dem frühkindlichen Milch- und Rindfleischkonsum und späteren Darm- und Brustkrebserkrankungen ergeben könnte. [4] Auslöser könnten sogenannte “Bovine Meat and Milk Factors” (BMMF) sein, das sind DNA Moleküle die sowohl im Fleisch, wie auch in der Milch vorkommen können. Wichtig ist, dass es sich erst einmal “nur” um eine wissenschaftliche Hypothese handelt.
Wenn Sie aber sicher gehen wollen, ist ein Verzicht auf Kuhmilch, Kuhmilchprodukte und Rindfleisch in den ersten zwölf Lebensmonaten möglich. Längeres Stillen könnte laut der Hypothese dazu beitragen, sowohl das gestillte Kind, als auch die stillende Mutter vor Infektionen und den sich daraus ergebenen Folgen zu schützen. Der deutsche Mediziner Harald zur Hausen, der für seine Entdeckung der Auslösung von Gebärmutterhalskrebs durch humane Papillomviren mit dem Medizinnobelpreis 2008 ausgezeichnet wurde, rät aus präventiven Gründen Kinder möglichst lange zu stillen – am besten über das erste Lebensjahr hinaus.[5]
Mit einer ausgewogenen Beikost und Stillen (bzw. Flaschennahrung) erhält Ihr Baby auch bei einem Verzicht auf Milchprodukte die Nährstoffe, die es zur Entwicklung braucht.
Beikost mit Gläschen oder Selbstgekochtes?
Beides ist möglich. Wenn wir uns aber vor Augen führen, dass Kinder am Modell Ihrer Eltern lernen und sie nachahmen, ist es sicher nachvollziehbar, dass die “Hausmannskost” die bessere Wahl ist (Vorbildfunktion!). Denn welche Eltern löffeln denn ihr Essen aus dem Glas? 😉 Für das Selbst gekochte spricht auch, dass sich Ihr Kind an den Geschmack des Essens bei Ihnen zu Hause gewöhnt. Bei jeder Familie schmeckt es anders. Bei einem ausschließlichen Einsatz von Babygläschen kann es sein, dass ihr Baby beim Übergang vom Gläschen zur gekochten Nahrung Probleme hat.
Es ist kein großer Aufwand. Sie nehmen einfach geeignete Lebensmittel vom Ihrem Essen (vor dem Würzen und Salzen) beiseite. Dann hat das Kind fast das gleiche Essen auf dem Teller wie Mama und Papa – das motiviert ihr Kind.
Ausnahmen von der Hausmannskost darf also sein. Gläschen sind durchaus praktisch, schnell verfügbar und hinsichtlich der Schad- und Inhaltsstoffe kontrolliert. Wie immer gilt: achten Sie auf die Inhaltsstoffe und (Bio-) Qualität. Wenn sie verschiedene Hersteller und Menüs wählen, reduzieren Sie automatisch eine einseitige Nährstoffzufuhr.
Muss Beikost immer Brei sein?
Nein, das muss es nicht. Auch hier sind Kinder so verschieden wie wir selbst. Es gibt Babys die eine Brei schätzen, während andere eine breiige Konsistenz nicht gut finden und festere Nahrung bevorzugen. Auch hier gilt: probieren Sie Brei bei der Beikosteinführung einfach aus. Ihr Kind wird Ihnen zeigen, ob es Brei mag oder lieber feste Nahrung bevorzugt.
Tipp: Rezepte für Babybrei gibt es viele: z.B. im Netzwerk “Gesund ins Leben” von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung.
Was ist Baby-led Weaning?
Baby-led weaning ist ein Trend in der Beikosternährung. Früher bestand Beikost ausschließlich im (passiven) Füttern von Breien. Baby-led weaning setzt auf stückige Nahrung, die dem Baby angeboten wird und es sich selbst (aktiv) nehmen kann. Die Idee ist: das Kind sitzt von Anfang an mit am Familientisch und wenn es so weit ist, fängt es von selbst an zu essen.
Warum Baby-led weaning?
Die Idee hinter Baby-led weaning ist, dass Babys durch die Freiwilligkeit eher bereit sind an gemeinsamen Mahlzeiten teilzunehmen und frühzeitig eine große Auswahl an Nahrungsmitteln essen. Durch das Greifen nach Essen wird die Hand-Augen-Koordination des Kindes geschult. Baby-led Weaning ist sinnvoll. Nehmen Sie es aber auch hier nicht zu streng! Mischen und kombinieren Sie die Beikostformen so wie es zu Ihnen, der Situation und Ihrem Baby passt. 😉
Wie funktioniert Baby-led Weaning?
- Das Kind sitzt aufrecht.
- Bieten Sie Essen an, indem Sie Stücke hinlegen, die das Kind leicht in die Hand nehmen kann. Lange, dicke Streifen in “Pommes-Frites Form” oder kleine Stücke.
- Die Sachen sollten so weich sein, dass sie mit der Zunge am Gaumen zerdrückt werden können (probieren Sie das selber gerne mal zum Beispiel mit einer Banane aus und versuchen Sie Ihre Zähne dabei nicht zu gebrauchen).
- Führen Sie nach und nach neue Konsistenzen ein, damit Ihr Kind üben kann.
- Das Kind sollte nicht hungrig oder müde sein, denn das macht es schwierig.
- Stillen Sie nach Bedarf weiter.
- Bieten Sie zusätzlich Wasser aus einem offenen Becher an.
Tipp: durch Baby-led weaning kann es dazu kommen, dass Ihr Kind sehr einseitig gewisse Lebensmittel bevorzugt. Bei gestillten Kindern wird es nicht zu einem Nährstoffmangel kommen. Bei ungestillten Kindern könnten Sie versuchen zusätzlich einen Mix zusätzlich in Breiform anzubieten.
Zähneputzen nicht vergessen
Sobald Ihr Baby die ersten Zähnchen bekommt, müssen diese mindestens zweimal täglich mit einer geeigneten Babyzahnbürste vorschriftsmäßig geputzt werden. Die ist vor allem abends nach der letzten Beikostmahlzeit sehr wichtig, damit sich keine Karies entwickelt.
Tipp: Das nächtliche Stillen alleine macht keine Karies. Der Bananenbrei, der die ganze Nacht in der Wangentasche schmort, schon.
Darum sollten Sie Ihr Baby früh an diese Übung des täglichen Lebens heranführen und gemeinsam Zähne putzen.
Fazit: an die Löffel, fertig, los!
Wie Sie sehen ist das Wichtigste bei der Beikosteinführung die Reife Ihres Babys. Der Zeitpunkt ist dabei nicht auf einen Lebensmonat einzugrenzen und bei jedem Kind unterschiedlich. Welche Art der Beikost Sie einsetzen, das passive Füttern mit Brei, das aktive Essen bei Baby-led weaning oder die Mischung von beidem ist Ihnen überlassen. Da das Ziel aber das selbstständige Essen Ihres Babys ist, hat Baby-led weaning viele Vorteile.
Bei den Lebensmitteln ist das selber Kochen von Vorteil. Es gibt aber auch ordentliche Babygläschen, die sie gezielt und in ausgewählten Situationen einsetzen können.
Denken Sie daran: Sie sind ein wichtiges Vorbild für Ihr Baby.
Mein Angebot für Sie
Eine Sammlung von kostenlosen Links zu vielen Broschüren zur Beikosteinführung habe ich bei den häufigen Fragen (FAQ) zusammengefasst.
Zur Unterstützung für Eltern biete ich den Kurs “Baby und Beikost – Essen im 1. Jahr” an.
Individuelle Fragen speziell zu Ihrer Situation können Sie mir im Rahmen der Telefonsprechstunde oder einer Beratung stellen. Bei einer kostenlosen Ersteinschätzung, zeige ich Ihnen welches Angebot für Sie am besten ist.